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OTS: Das Märchen vom bösen Wolf

23.04.2018

APA-OTS: NÖ Landesjägermeister Pröll und das Märchen vom bösen Wolf

ANIMAL SPIRIT: Für 34.000 Jäger ist in Niederösterreich Platz, aber nicht für ein paar Wölfe?

Josef Pröll, seines Zeichens Landesjägermeister von NÖ, Ex-ÖVP-Obmann und Ex-Finanzminister (Stichwort: Hypo-Zwangsverstaatlichung auf Kosten der Steuerzahler) und Neffe des „schwarzen Paten“ von NÖ, Erwin Pröll, hat sich wieder einmal in einer Presseaussendung vom letzten Wochenende zum Thema Wolf zu Wort gemeldet: Darin stellt er fest, daß sich Niederösterreichs Jäger klar gegen den Wolf in NÖ aussprechen. Laut Pröll drohen angeblich finanzielle Schäden in Millionenhöhe, verursacht durch ein paar getötete Schafe. Er spielt damit ganz bewußt mit der alten Ur-Angst vor dem „bösen Wolf“, um wieder einmal zum Halali und Mord an ein paar wenigen Individuen dieser wunderbaren Wildtierart blasen zu können.

Ebenso sorgt die Aussage Prölls, die Anzahl der Wölfe sei vor allem ein landwirtschaftliches, touristisches und regionales Problem, für Unverständnis in der „Normal“-Bevölkerung. Dazu Tierschützer Dr. Franz-Joseph Plank, Obmann von ANIMAL SPIRIT: „Wo bitte, abgesehen von einigen gerissenen Weidetieren, leidet die Landwirtschaft unter der Wolfspopulation? Sind Wölfe schon beim Maisfressen oder beim Baum-Verbiß gesichtet worden? Oder haben sie gar Touristen und Wanderer bedroht? Ist es nicht vielleicht eher so, daß Wölfe für den Tourismus ein (weiteres) Zugpferd darstellen und vielleicht auch gegen die – jäger-gemachte - Überpopulation der Rehe und Wildschweine helfen könnten? Aber Jäger sehen in Wölfen und anderem „Raubzeug“ – wie z.B. dem Fuchs, der derzeit wieder vermehrt mit Fallen bejagt wird, wie uns erst heute eine entsetzte Augenzeugin aus NÖ berichtet hat – nichts als eine Konkurrenz ihrer Jagd-Leidenschaft.“

Auch der bekannte Biologe, Verhaltensforscher und Leiter des Wolf Science Center Ernstbrunn, Prof. Kurt Kotrschal, bestätigt das (in der NÖN): „Der Wolf gehört nun einmal in die freie Wildbahn. Wenn der Wolf zurückkommen soll, dann muß der Mensch auch den Lebensraum mit ihm teilen, und wir müssen lernen, wieder mit Wolfsrudeln zu leben, wie es vor der Ausrottung des Wolfes der Fall war. Die größte Gefahr ist sicherlich, daß wir Menschen glauben, daß Natur ausschließlich ein Wirtschaftsraum ist und daß alles, welches diesen bedroht, mit der Flinte getötet werden muß. Wir müssen akzeptieren, daß dieser Lebensraum nicht nur uns alleine gehört.“

Josef Pröll will sich auch weiter für die Frühjahrsbejagung der Waldschnepfe einsetzen, da spricht er sich sogar gegen die EU-Bürokratie aus, die allzu sehr in die "kleinen Dinge" der Menschen eingreife. Dr. Plank kommentiert: „Also wenn es um die Jäger und ihre Mords-Leidenschaft geht, darf sogar die EU-Einpeitscherin erster Klasse, nämlich die ÖVP, auf einmal die EU-Bürokratie kritisieren, welche sich ja bekanntlich seit dem Anschluß 1995 in alle noch so kleinen Angelegenheiten der Bürger einmischt.“

Überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sieht Auswüchse und Gefahren der Jagd kritisch

Die Einstellung der Jäger zeigt sich auch sehr schön in weiteren Aussagen des Herrn Landesjägermeisters, nämlich die von den Jägern so ungern gesehene Waldnutzung durch die „Freizeitgesellschaft“: „Ein Jäger muß zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Joggern oder Mountainbikern rechnen". Ja, das muß er tatsächlich, weil der Wald, spätestens seit Bruno Kreisky, heute für alle Menschen als Erholungsraum offensteht und nicht nur – wie in Zeiten des Feudalismus - für ein paar grünberockte Freizeitmörder, die möglichst ungestört ihrem blutigen Hobby nachgehen wollen. Die Jäger hätten nämlich den Wald auch heute noch gerne für sich alleine, dementsprechend laufen Begegnungen zwischen Spaziergängern und Jägern oft sehr unerfreulich bis aggressiv ab: man wird – besonders am späteren Nachmittag oder in Begleitung eines Hundes – regelmäßig angepöbelt, was man denn hier zu suchen habe. Wege werden mit Ästen verrammelt oder Schilder aufgehängt, die besagen, daß man doch bitte gefälligst auf den Wegen zu bleiben habe... 34.000 Waidmänner und -frauen, also ganze zwei Prozent der NÖ Bevölkerung, befinden sich offenbar noch immer im Glauben, sie könnten 1,6 Millionen Einwohnern Vorschriften machen – leider oft gedeckt durch eine nicht weniger schwarze Landespolitik, welche sich die Jagdgesetze, die einem modernen Tier- und Umweltschutz meist diametral entgegenstehen, selber schreibt…

Dr. Plank abschließend: „Die „Normal“-Bevölkerung, also die 98% der Nicht-Jäger, erkennt immer mehr, welche Gefahren von den Jägern ausgehen, die viel zu sorglos im Umgang mit ihren Waffen sind und Unfälle verursachen, die nicht nur Wild- und Haustier-, sondern sogar regelmäßig Menschenleben kosten. Die Menschen erkennen, daß die Jagd eine reine Lustbefriedigung darstellt, die mit Natur- und Umweltschutz wenig zu tun hat: wie viele Tonnen giftiger Bleikugeln liegen in den Wäldern, welche Auswirkungen hat die Bejagung auf die Wildschweinpopulation (nämlich deren explosionsartigen Anstieg) und welche Auswirkungen haben die Tonnen von Mais, die in die Futterkrippen, praktischerweise immer nahe der Hochstände, gekippt werden (Krankheiten und langsames Siechtum des Rehwildes)? Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Jagd daher inzwischen ab, das ist keine „radikale Minderheit“ mehr, so oft das Landesjägermeister Josef Pröll auch behaupten mag.“

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