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Schweinepest: Scharfschützen auf Wildschweine

11.01.2018

Welt.de: Warum jetzt schon Scharfschützen auf Wildschweine schießen

In Osteuropa wütet die Afrikanische Schweinepest immer schlimmer. Polen und Tschechien versuchen den Ausbruch einzudämmen. Doch ein Ausbruch bei uns scheint unabwendbar. Er wäre extrem teuer. Denn Deutschland ist ein Schweineland (Anm.: genauso wie übrigens auch Österreich, wo jedes Jahr allein 5,5 Millionen Schweine für den jeweils kurzen Schnitzel-, Kotelett- bzw. Bratwurst-Gaumenkitzel meist im Jugendalter ihr Leben lassen muß!).

Die Pest ist nicht mehr weit. Seit Monaten tauchen in Polen und Tschechien immer mehr Wildschweine auf, die mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) infiziert sind. Die Virusinfektion verläuft immer tödlich, greift schnell auf Hausschweine über, und es gibt keinen Impfstoff dagegen. Die Schweinebauern in ganz Deutschland sind jetzt in höchster Alarmbereitschaft. Das Problem ist ganz nah, weshalb sich das Bundeslandwirtschaftsministerium intensiv auf den Ausbruch der Seuche vor bereitet. Die Schlachtbetriebe haben Notfallpläne in den Schubladen.

Offensichtlich ist die Gefahr mittlerweile so groß, daß die Regierungen in Polen und Tschechien zu drastischen Mitteln greifen, um ihre Schweinebauern vor großen Verlusten zu schützen. In Polen bekommen Jäger auf Anordnung des polnischen Präsidenten Andrzej Duda seit kurzem bis zu sechs Tage bezahlten Sonderurlaub, wenn sie diesen zur Jagd auf die sich schnell vermehrenden Wildschweine nutzen.

Die Zeit drängt. Laut Angaben der obersten polnischen Veterinärbehörde wurden allein zwischen dem 20. und 24. Dezember 45 neue Ausbrüche der Seuche bei Wildschweinen bestätigt. Tschechien geht mittlerweile sogar einen ganz neuen Weg bei der Seuchenbekämpfung. Dort werden Scharfschützen der Polizei vor allem nachts zur Wildschweinpirsch verdonnert, schreibt die Website agrarheute.com.

In vielen deutschen Bundesländern gibt es mittlerweile Abschußprämien, die die heimischen Jäger ermutigen sollen, trotz fallender Preise für Wildschweinfleisch häufiger auf die Jagd zu gehen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt das Land den Waidmännern pro erlegtes Tier 25 Euro Prämie, in Bayern sind es 20 Euro.

In Mecklenburg-Vorpommern mit seinen riesigen Schweinemastanlagen beobachten Politiker und Mäster seit Wochen die Nachrichten aus dem Osten. Landwirtschafts- und Umweltminister Till Backhaus (SPD) hat nun als Vorsorgemaßnahme die „drastische Reduzierung der Schwarzwildbestände“ angekündigt. Das sei eine ganz entscheidende vorbeugende Maßnahme, „um Schweinehalter, Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe im Land mit einem jährlichen Gesamtumsatz von fast einer Milliarde Euro vor massiven wirtschaftlichen Schäden“ durch den Ausbruch von ASP zu bewahren.

Krankheitserreger sind extrem widerstandsfähig

Der wahrscheinlichste Übertragungsweg der Afrikanischen Schweinepest über große Entfernungen ist der Mensch. Denn die Wildschweine in Tschechien, um Warschau herum und in Kaliningrad haben sich vermutlich über weggeworfene Speisereste infiziert. Die Krankheitserreger sind extrem widerstandsfähig und können an Schuhen, Autoreifen, Ladeflächen, vor allem aber in nicht gegartem Fleisch wie Schinken oder Salami bis zu sechs Monate überleben. Für Menschen ist das Virus ungefährlich.

Experten fürchten, daß Schweinepestviren schon bald von Reisenden oder Transporten aus Osteuropa nach Deutschland eingeschleppt werden könnten. Für den Präsidenten des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit, Christoph Mettenleiter, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Virus hier ankommt: „Ein kontaminiertes Schinkenbrötchen kann reichen, um die Afrikanische Schweinepest hier einzubringen“, sagte er jüngst.

Deshalb warnen die Behörden seit Monaten, Wurst- oder Fleischreste insbesondere auf Rastplätzen oder Autobahnparkplätzen liegen zu lassen, denn dort tauchen Wildschweine nachts öfter auf, um Mülleimer zu plündern. Und wenn die das hochinfektiöse Virus auf Hausschweine übertragen, könnte sich die Pest rasend schnell verbreiten in den deutschen Schweinebetrieben – mit zum Teil mehreren Tausend Tieren auf engstem Raum.

Denn Deutschland ist ein Schweineland. Die Gesamtzahl an schlachtreifen Mastschweinen in Deutschland mit mehr als 50 Kilogramm betrug laut den Berechnungen des Thünen-Instituts vor rund einem Jahr 12,25 Millionen Tiere. Die meisten Betriebe befinden sich in Nordrhein-Westfalen, die meisten Mastschweine in Niedersachsen. Der Durchschnittsbestand in Deutschland pro Betrieb betrug 574 Schweine, in den alten Bundesländern 541 und in den neuen Bundesländern 1833, also fast dreimal so viel.

Entschädigungen in Millionenhöhe

In den alten Bundesländern hat Schleswig-Holstein mit 816 Tieren den höchsten Durchschnittsbestand pro Hof gefolgt von Niedersachsen mit 766 und Nordrhein-Westfalen mit 565. Spitzenreiter in den neuen Bundesländern ist Mecklenburg-Vorpommern mit im Schnitt 2406 Mastschweinen pro Betrieb. Vereinzelt sind es aber viel mehr. Deutschland ist neben Spanien einer der größten Schweinefleischexporteure der Welt.

Wenn der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in einem Betrieb amtlich festgestellt worden ist, müssen alle Schweine sofort getötet und korrekt beseitigt werden. Dafür gibt es dann finanzielle Entschädigungen aus dem staatlichen Tierseuchenfonds. Dazu kommen dann aber noch Ausgaben für Reinigung und Neubesetzung der Ställe. So kommen bei größeren Betrieben schnell Kosten von weit mehr als 100.000 Euro zusammen. Andere Bauern, die mit ihren bis dahin gesunden Tieren zum Beispiel in Lieferverbotszonen liegen, gehen leer aus, wenn sie nicht privat gegen Tierseuchen versichert sind. Und diese Versicherungen sind teuer.

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